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Job Shadowing in Frankreich

Job-Shadowing in Frankreich (Ecole Nouvelle d’Antony) Bericht von Ulrike Schmüser

Wochenplan

Das  „Job-Shadowing“ im Rahmen des Erasmus+-Fortbildungsprogramms, ermöglicht Fachlehrer*innen eine Hospitation in ihrem Arbeitsfeld im europäischen Ausland. 

Für mich hieß das für die 14 Tage der baden-württembergischen Osterferien „Back to the roots“. Zum einen hatte ich bereits vor 34 Jahren ein 2-monatiges Praktikum an der Ecole Nouvelle ( Kindergarten und Grundschule in freier Trägerschaft) absolviert und des weiteren ging es für mich wieder zurück „an die Basis“ in den Kindergarten und die Vor- und erste Klasse des Grundschulbereiches. Die Kleinstadt Antony liegt ca. 30 km südlich von Paris.

Ziel war es durch Hospitation und Beobachtung die Besonderheiten des französischen Bildungssystems in den Fokus zu nehmen. Seit 2019 gilt in Frankreich die Schulpflicht bereits für 3-jährige. Sie gehen in die Ecole maternelle (die „Mutterschule“), erhalten allerdings keine Zeugnisse oder ähnliche Beurteilungen. Ich hatte die Möglichkeit je zwei mal in der Gruppe der drei- bis vierjährigen Kinder (Petite und Moyenne Section) und der Gruppe der vier-bis fünfjährigen Kinder (Moyenne und Grande Section) zu hospitieren. Die restliche Zeit hospitierte ich in einer Klasse, die aus Vor- und Erstklässlern besteht, die also im Alter von 6 – 8 Jahren sind. Die Grundschulzeit dauert in Frankreich in der Regel fünf Jahre. 

Natürlich wurde ich sehr schnell in das Gruppen- und Klassengeschehen miteinbezogen und so hatte ich die Möglichkeiten, sowohl den jüngsten Kindergartenkindern als auch den Grundschulkindern den „Weinheimer“ Grüffelo als Kamishibi mit Fotos des Weinheimer Grüffelopfades zu zeigen. Die Kinder waren davon genauso beeindruckt wie von der Art und Weise wie die Weinheimer Kinder traditionell den Winter verabschieden. Eine Bilderstrecke mit Fotos des diesjährigen „Sommertagszuges“ machte dies anschaulich. Dass der „Bonhomme de neige“ (Schneemann) dann zum Schluss verbrannt wird, fand das ein oder andere Kind dann aber doch etwas „brutal“. Dagegen haben sich hier andere Traditionen entwickelt: am 1. April sind die Rücken der Lehrkräfte mit Papierfischen bestückt, denn die Kinder schicken die Lehrkräfte in den „Poisson d’avril“ . Zudem wird im Fach Mathematik eine Strichliste über die abgeleisteten Schultage geführt und am 100. Tag wird die „Fete des 100 jours“ gefeiert. Man muss die Feste eben feiern wie sie fallen!

DruckereiTagesplan

Das Programm der Kindergarten- und Grundschulkinder ist vielfältig. Sie haben alle einmal in der Woche Bibliothekszeit, einmal in der Woche einen halben Schultag Besuch des nahegelegenen Parc de Sceaux , einmal Musikunterricht und zweimal in der Woche Englischunterricht.

So wie im Baden-Württembergischen Orientierungsplan das Bildungs- und Entwicklungsfeld „Sprache“ eine wichtige Rolle spielt, ist Sprache von genauso hoher Wertigkeit im französischen Bildungssystem und im Lehrplan an erster Stelle notiert. Es wird den Kindern viel Gelegenheiten gegeben selbst frei zu sprechen und sich zu äußern und all die oben aufgeführten Zusatzunterrichte untermauern dies. Selbst zu schreiben, auch schon im Kindergartenalter, wird unterstützt, unter anderem auch in der hauseigenen Druckerei.

Es ist keine typische französische (Vor-)Schule an der ich hospitiert habe. Diese Schule in freier Trägerschaft legt viel Wert auf freies selbstbestimmtes Lernen. Ich konnte durch die intensiven Beobachtungen die selbstbestimmten Lernprozesse der Kinder sehr gut verfolgen und die Konzentriertheit der Kinder bei ihrem Tun – losgelöst von Angeboten oder Lehrplänen - gebannt verfolgen. 

Als Bereicherung empfinde ich diese Langzeit-Hospitation auch, da diese Erfahrung in den Unterricht zu Didaktischen Handlungskonzepten einfließen kann und somit anschaulicher und praxisnaher für die FSP-Schüler*innen wird.

VanessaMalwand